Vor langer Zeit, also in kommunistischer Zeit, gab es in der Tschechoslowakei zwei Denkmäler, die für mich sinnbildliche Bedeutung hatten. In der kleinen Stadt K. hatten nach 1968 die Altkommunisten eine seit längerer Zeit ausgemusterte Stalinbüste aus den Kellerverliesen hervorgekramt und sie im Stadtpark wieder auf einen Sockel gestellt. Ich war entsetzt als ich sie 1974 das erste mal erblickte: In der DDR hatte es keine Stalinrenaissance gegeben, so war ich diesen Anblick nicht gewöhnt. Bis ans Ende der kommunistischen Herrschaft stand Stalin im Park, oft ging ich an ihm vorbei, immer mit Widerwillen.
Dann gab es noch ein zweites Denkmal, es stand in einem Dorf in den Bergen. Es war ein Denkmal Tomáš Garrigue Masaryks. Es stand auf dem Dorfplatz. Der Sockel war umringt von steinernen Gestalten der ruhmreichen tschechischen Geschichte, und hoch ragte darüber die eindrucksvolle Gestalt des ersten tschechischen Präsidenten empor. In der kommunistischen Zeit galt er fast als nicht existent. Immer war ich von der Sorge erfüllt, ob die Kommunisten doch nicht auf die Idee kommen könnten, dieses Denkmal zu entfernen. Wenn ich es damals auch nicht formulierte, so kann ich meine Empfindungen diesen Denkmälern gegenüber so ausdrücken: „Solange das Masarykdenkmal in S. noch steht, ist noch nicht alles verloren, doch so lange das Stalindenkmal in K. noch steht, ist es mit dem Kommunismus noch nicht vorbei!“
Inzwischen gibt es nur noch ein Denkmal, die Statue Masaryks, die den tschechischen Wahlspruch aus den Hussitenkriegen bestätigt: "Die Wahrheit siegt!"
(Wenn es manchmal leider auch lange dauert).
anne.c - 22. Jan, 09:43
Mir ist aufgefallen, dass es bestimmte Institutionen und Begriffe gibt, die man tabuartig für sakrosankt erklärt. Und geschehe unter deren Deckmantel was es will, man darf nicht daran rühren.
Und die so genannten seriösen Medien sind solche unter „moralischen Schutz“ gestellte Institutionen. Wenn solch eine Institution unmoralisch handelt, darf man sie nicht angreifen, weil ihr Handeln statusgemäß als moralisch gilt.
Mir fällt ein, wie ich an den Rundfunkrat schrieb, in welcher Weise der DLF über Israel berichtet und illustrierte das an dem Beispiel, als in einer Folge der Sendung "Politische Bücher" zuerst ein Buch von Tom Segev vorgestellt wurde, der als Israeli kritisch über die ersten Jahre des Staates schrieb. Er behauptete, dass es im frühen Staat Israel auch Massaker an Arabern gegeben habe. Unmittelbar danach kam ein Buch über Bin Laden, bei dem Originalzitate von Bin Laden über Massaker Israels an Arabern gelesen wurden. In blutrünstigen Reden stellte Bin Laden Israel als bestialisches, mörderisches Gebilde hin, das vernichtet werden muss.
Der DLF benutzte Bin Laden also als Zeugen für Tom Segevs Buch und hielt sich selbst neutral heraus. Ich benutzte in meinem Protest den Ausdruck, dass solch ein Handeln "der Zeitschrift „Der Stürmer“ würdig sei…“, und bekam weder Antwort vom DLF noch vom Verwaltungsrat und auch keine Bestätigung meines Schreibens. Ich nehme an, dass man es ungeheuerlich fand, diesen seriösen Sender und „den Stürmer“ in einem Atemzug zu nennen. Handeln darf der DLF im Sinne des „Stürmers“ schon, aber so bennenen darf man es nicht.
Nach gleichem Muster wird im derzeitigen Antisemitismusstreit um Jacob Augstein verfahren. Egal, wie sehr seine Ausführungen den antisemitischen Klischees entsprechen, nie kann die intelektuelle Gesellschaft es zulassen, dass einer der ihren als Antisemit bezeichnet wird, denn was das ist, das bestimmen immer noch "wir". Antisemiten sind die hässlichen braunen Gestalten am Rande der Gesellschaft, mit denen wir nichts zu tun haben, aber der Nachkomme "unserer" eigenen kulturellen Größe kann es nicht sein.
anne.c - 15. Jan, 11:39
So lautete kürzlich der Titel einer Unterhaltungssendung im Fernsehen. Ob die Vertreter der Tagesschau sich als schlauer, klüger oder gebildeter als das andere Rateteam erwiesen haben, kann ich nicht sagen. Die Bezeichnung "schlau" trifft auf die Tagesschau allemal zu, wie sie es in den Abendnachrichten am 4. Januar bewiesen hat.
In den 20-Uhr Nachrichten konnten die Zuschauer an einer Feier im Gazastreifen Anteil nehmen. Trotz der bisherigen Feindschaft zwischen Fatah und Hamas durfte die Fatah-Partei hier ihren 48. Gründungstag begehen. Unzählige gelbe Fahnen wehten über einem großen Platz, und Parteiführer Mahmūd Abbas hielt per Großleinwand eine Rede aus dem Westjordanland und kündigte die baldige Versöhnung zwischen Hamas und Fatah an. In dem das Bildmaterial begleitenden Kommentar wurde den Zuschauern gerade erklärt, dass dies eine Kundgebung der "als gemäßigt geltenden Fatah-Organisation" und als Ausdruck für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Fatah und Hamas anzusehen wäre.
Das Timing war perfekt: Unmittelbar nachdem "als gemäßigt geltende Partei" ausgesprochen war, erschien im Bild ein kleiner Junge, sitzend auf der Schulter eines Mannes. Bekleidet in eine Uniform trug er eine Sonnenbrille und eine große Raketenattrappe. Ein Mann war gerade dabei, dem Jungen noch eine Palästinenserstirnbinde anzulegen. Die Rakete wurde fröhlich in der Luft geschwenkt, so als wolle er den Sprecher der Tagesschau bestätigen: "Ja seht, wir sind gemäßigt!"
Aber die Tagesschau erwies sich eben als schlau. Gut zwei Stunden später, in den Tagesthemen, wollte wir uns bei der Feier der "Gemäßigten" noch einmal an dem fröhlichen Jungen erfreuen. Aber er war nicht mehr da, sondern er war verschwunden, als wäre er nie da gewesen. Das Video der Feier wurde abrupt vor dem Erscheinen des Jungen geschnitten, obwohl es sonst genau derselbe Film war wie in der Tagesschau.
Muss eine Tagesschau schlau sein? Sollte sie nicht stattdessen authentisch und der Wirklichkeit gemäß ihre Nachrichten darbringen? Wenn die Szene mit dem Jungen auf irgendeine Weise kommentiert worden wäre, z. B. dahingehend, was in Gaza unter gemäßigt zu verstehen sei, anstatt dass man sie einfach unterschlagen hätte, da fühlte sich der Zuschauer nach der Sendung sicher besser informiert, ganz besonders darüber, was in Gaza als gemäßigt anzusehen ist.
anne.c - 6. Jan, 09:34
Der jüdisch-amerikanische Journalist und Theatermacher Tuvia Tenenbom war mir durch seine Kolumne und einige Artikel in der "Zeit" aufgefallen. Es gefällt mir an ihm, wie er seine Beobachtungen in einer scheinbar naiven Weise schildert und mit seinen Schlussfolgerungen genau ins Schwarze trifft. Nun ist im Dezember ein erstes Buch von ihm erschienen. Die kontroversen Rezensionen, die ich schon im Voraus darüber las, versprachen ein unterhaltsames und lesenswertes Werk und ich bestellte ich es sofort. Es traf ein und es war mit seinen 426 Seiten ein Lesevergnügen, wenn auch manchmal ein bitteres, für viele Stunden.
Vor dem Erscheinen hatte das Buch schon für Aufregung gesorgt. Der Rowohlt-Verlag hatte mit Tuvia Tenenbom vertraglich vereinbart, er werde nach eigenem Ermessen ein Buch über die Deutschen schreiben. T. T. reiste im Sommer 2010 durchs Land, beschrieb eigene Erlebnisse und siehe da - der Rowohlt-Verlag war not amused, denn s o hatten sie sich das Ganze nun wohl nicht vorgestellt! Und das machte wiederum den Konkurrenten Suhrkamp neugierig, so dass das Buch schließlich dort verlegt wurde.
Das Buch erzählt, wie sein Autor, dieser beleibte, freundliche, arglose, neugierige und sich unbedarft gebende Amerikaner durch die deutschen Lande zieht und mit Menschen ins Gespräch kommt. Die Interviewten unterschiedlichsten Typus haben immer wieder eins gemeinsam: Egal, was der Anlass des Gesprächs ist, egal wie harmlos die Unterhaltung beginnt, fast wie Marionetten gelenkt kommen die Gesprächspartner bald auf ein Thema, nämlich Juden, Holocaust und Israel zu sprechen. Dabei verheddern sie sich in ihren jeweils eigenen Logiken und beim Versuch, diese zu entwirren werden ihre Statements meist immer absurder. Das Buch schildert fast ausschließlich Szenen solcher Art, so dass man sich fragt: Hat Tenenbom das wirklich alles so erlebt? Ist doch nicht manches konstruiert? Das fragte ich mich also, und dann fielen mir, je länger ich nachdachte, desto mehr ähnliche Szenen ein, die ich in verschiedenen Varianten und in verschieden Milieus selbst erlebt habe. Schließlich fragte ich mich: Woher weiß Tuvia Tenenbom das alles, ich habe ihm doch gar nichts erzählt? Woher weiß er, dass auf meine harmlose Frage nach einem Erlebnis in Israel, sofort als Antwort kommt, wer alles aus der eigenen Familie im Widerstand war? Oder dass jemand aus heiterem Himmel erzählt: Am 11.9.2001 mussten die Terror-Flugzeuge zwangsläufig ihr Unternehmen vormittags durchführen, denn ab 12 Uhr kamen ja "die ganzen Juden" in die Büros im World Trade Center.
Tuvia Tenenbom musste nur aufschreiben, was er erlebt hat. Etliche der Rezensenten fanden seine Erlebnisse "erschreckend". Es ist erschreckend, dass das was TT beschreibt, so verbreitet ist und so wenig wahrgenommen wird. Vielleicht soll es nicht erkannt werden, hat vielleicht das den Rowohlt Verlag zu der Absage bewogen? Wer meint, es wäre nicht verbreitet, dass die Leute unterschwellig an Juden, Holocaust, Israel denken, der sollte sich regelmäßig die Nachrichtensendungen anhören bzw. anschauen. Dort kann man beobachten, in welchem Maße z. B. Israel in Frage gestellt wird. Nie habe ich über ein anderes Land, das auf einen Angriff reagierte, gehört, dass ihm dann in diesem Zusammenhang "Rache" oder "Vergeltung" unterstellt wurde, wie es chronisch krankhaft geschieht, wenn Israel auf palästinensischen Beschuss antwortet. Man kann auch in jedem beliebigen Leserforum beobachten, was für mehr oder weniger antisemitische Zuschriften zu einem Thema mit jüdischem oder israelischem Bezug erbracht werden und mit welchem Eifer sie geschrieben sind. Das ist ein Geist, der ständig unter die Oberfläche gedrückt werden muss, damit er nicht gar so zum Vorschein kommt. Oft können diejenigen, die den Geist "unter die Oberfläche drücken", sich doch nicht zurückhalten, um ihn selbst weiter zu verbreiten. Tuvia Tenenbom hat das beschrieben, so wie er es erlebt hat.
Manche Rezensenten meinten, dass Tenenbom den Auftrag hatte, ein Buch über Antisemitismus in Deutschland zu schreiben. Das stimmt nicht, denn Tenenbom sollte ein Buch über die Deutschen und ihre Befindlichkeiten schreiben, und heraus gekommen ist dabei eine Schilderung, wie der Autor immer wieder auf mehr oder weniger unterschwelligen Antisemitismus stieß. Darum war der Rowohlt Verlag wahrscheinlich entsetzt.
Die Lektüre dieses Buches kann ich jedem empfehlen. Es ist locker und lustig geschrieben, und jeder kann sich Gedanken darüber machen, ober er irgendetwas in den beschriebenen Szenen aus seinem eigenen Erleben wieder erkennt.
anne.c - 1. Jan, 11:20
Vor einigen Tagen las ich einen Artikel über die Preisverleihung der Stadt Bremen an Yfaad Weiss, jüdische "Israelkritikerin" aus Israel. Hier in Deutschland sind Israelkritiker, besonders wenn sie aus Israel kommen, außerordentlich beliebt, und sie werden gern mit Preisen bedacht. Die Tatsache, dass es ein großes Arsenal an jüdischen Israelkritikern gibt, wird als Beweis dafür angesehen, dass das, was sie verkünden, die reine Wahrheit sein muss.
Wenn man einen Artikel von ihnen liest, wenn man die Gelegenheit hat, einen von ihnen an Ort und Stelle zu erleben, dann ist man hauptsächlich verblüfft, wie ähnlich sie sich und ihre Schlussfolgerungen sind. Mag der Anlass des Israelkritikers zum Kritisieren ein Ereignis in Israel sein, die Kritik ist trotzdem nur Anlass, und sie führt zielbewusst zur Delegitimierung Israels. Oft bin ich erstaunt, dass das, was die Kritiker fordern, eindeutig zu einer Selbstaufgabe Israels führen müsste. Oder man böte sich den Palästinensern direkt zum Ins-Meer-Treiben an. Das tut der Meinung der Israelkritiker keinen Abbruch, sie haben auf alles eine entwaffnende Antwort, die mit der Realität wenig, mit einem gewichtigen Steinchen aus dem Konstruktionsbaukasten des Friedensforschers aber viel gemeinsam hat.
Wenn ich das Phänomen der jüdischen Israelkritiker auf einfache Weise erklären sollte, würde ich sagen: Sie wissen, dass den Juden von vielen Seiten Unheil droht - das wurde in der Geschichte oft genug belegt -, und sie wollen sich schon vorbeugend in Sicherheit bringen. Diese Erklärung wäre verständlich, aber wohl zu einfach. Möglicherweise sind diese Israelkritiker eine Spielart der Hysterie. Ein Hysteriker: ein Mensch, der beharrlich eine Rolle spielt, die seiner eigenen Realität vollkommen widerspricht, der aber auf jede Frage eine überzeugende Antwort hat (es ist eine persönliche Definition).
Vor einer Weile hörte ich den anglikanischen Geistlichen Paul Oesterreicher in einem DLF-Interview. Es stellte sich heraus, dass P. O. ursprünglich ein deutscher Jude war, und er gebärdete sich in dem Interview dermaßen "israelkritisch", dass selbst dem beflissenen DLF-Redakteur etwas unwohl zu Mute wurde, weshalb er die Frage stellte (vielleicht war es auch eine für so einen Fall vorprogrammierte Frage): "Haben sie nicht Sorge, dass Rechtsradikale sich ihre Positionen zu Eigen machen können"?, und P.O. erwies sich als jemand, der auf jede Frage die passende Antwort parat hat: "Damit muss ich leben, wenn die Rechten diese Positionen übernehmen!"
Am Rande bemerkt: Es gibt tatsächlich viele sehr israelkritische Juden, aus welchen Gründen auch immer, die von ihren deutschen Bewunderern, ebenfalls aus welchen Gründen auch immer, hoch geachtet werden. Wo gibt es aber dieses Phänomen vice versa, also einen strengen deutschen Deutschlandkritiker, der von Juden hofiert wird?
anne.c - 28. Dez, 10:23
Dieses Thema: „Das Allgemeine und das Spezielle“ ist ein Schlüssel zum Verstehen gesellschaftlicher Denkweisen. Immer wieder beobachte ich, wie anhand einiger wenig aussagender Einzelbeispiele ein allgemeines Bild erschaffen wird. Und das wird oft von denjenigen praktiziert, die immerzu schreien: Man darf nicht pauschalieren! Kaum sagt jemand eine Meinung, wird er des Pauschalierens verdächtigt.
Diese Denk- und Urteilsweise wird hier in Deutschland besonders gern angewandt, weil man wie fixiert auf Krieg, Nazis und Vergangenheit starrt, und zwar gerade von den Menschen, die gern erklären, dass man es „nun endlich“ nicht mehr hören möchte und anderen unterstellen, sie würden es tun. Sie sind tatsächlich in ihrem Denken erstarrt, das einzige Produkt ihres Denkens ist das Vertauschen beim Gebrauch von „Einzelbeispielen und Pauschalurteilen“. Darin sind sie Meister. Etwa so: Wenn jemand sagt, die Deutschen haben im Krieg Europa verwüstet und unzählige Menschen gemordet, dann bekommt er zur Antwort: Es gab aber auch viele anständige Deutsche, die meisten sind gezwungen worden, und mein Opa und meine Verwandten, von denen weiß ich genau, dass sie nichts Schlimmes gemacht haben, und außerdem haben auch die anderen genug Dreck am Stecken. Wenn aber 1954 bei einer Fußballweltmeisterschaft irgendein deutscher Fußballer in letzter Minute einen Ball ins ungarische Tor geschossen hat, dann jubeln bis heute noch Deutsche so darüber, als hätten sie den Krieg tatsächlich gewonnen, und in ihrem Herzen glauben sie das auch.
anne.c - 21. Dez, 21:37
Nachdem Hirsi Ali mit der europäischen Kultur direkt in Berührung gekommen ist, setzt sie sich intensiv mit den Lebensbedingungen in der islamischen Gesellschaft auseinander, insbesondere der Frauen, und erkennt, dass die Hauptursache für Fehlentwicklungen in der Religion besteht. Dabei trennt sie sich keineswegs von dieser Religion, die ihre eigene bleibt, sondern sie setzt sich kritisch mit dem Islam auseinander, um Wege zu finden, wie es zu Reformen im Islam kommen könnte. Unter dem Motto: "Gönnt uns einen Voltaire!"
Die Bestandsaufnahme ergibt allerdings kein ermutigendes Zeichen. Sie findet heraus, dass Folgendes charakteristisch für den Islam ist:
- Die angsterfüllte Beziehung des Moslems zu seinem Gott Allah.
- Der Prophet Mohammed gilt als unfehlbar, obwohl er ein Mensch und kein Gott war.
Seine Zeit war das 7. Jahrhundert, und seitdem ist der Islam die einzige Quelle
der Lebensführung für die Menschen, es gab keine Weiterentwicklung.
- Die Sexualmoral archaischer Stämme aus dem 7. Jh. sieht Frauen als Besitztum
des Mannes an und ist weiterhin gültig.
- Glaubenszweifel sind tabu, schließen den Menschen aus der Gesellschaft aus und
können tödlich sein.
- Menschen, die in diesem Denken aufwachsen, sind empfänglich für
Fundamentalismus. Wer die islamische Lehre im Alltag umsetzt, neigt zu Passivität
und Fatalismus.
- Der Westen ist für sie eine verkehrte Welt voller Verlockungen.
Hirsi Ali tritt für Selbstreflexion ein und dafür dass jeder Mensch die Verantwortung für sich selbst übernehmen möchte. Sie ist gegen Judenfeindschaft und erkennt, dass von Seiten des Islams die Juden als Quelle allen Bösen hingestellt werden. Sie stellt fest, dass Fanatiker es nicht beim Hass belassen, sondern dass sie zu terroristischen Taten bereit sind.
Hirsi Ali wirft dem Westen vor, dass er die Anhänger des Islam in ihrem destruktivem Denken und Handeln gewähren lässt, nach dem Motto: "Diese Menschen haben ein Recht auf Rückständigkeit".
Sie trifft die Feststellung: "Der Islam hat sich selbst zur Geisel genommen!" Sie meint, dass Druck von außen, also von nichtislamischen Ländern, durchaus eine Wirkung haben kann. Sie hält es für eine große Chance für den Islam, wenn Emigranten sich in freien, westlichen Ländern niederlassen. Denn diese stehen nicht unter dem immensen Druck der Religion, haben also die Chance Dinge neu zu erkennen, Kritik zu üben und Reformen anzustreben.
Sie erkennt, dass die Freiheit des Westens oft nicht zur eigenen Befreiung genutzt, sondern der Multikulturalismus vielmehr missbraucht werde, um Grundrechte zu umgehen und die Freiheit abzuschaffen.
Diese Thesen finde ich umso beachtlicher, da sie Hirsi Ali aus eigenem Erleben und Nachdenken gewonnen hat und nicht durch Nachschreiben einer ideologischen Vorgabe. Dazu muss man bedenken, dass Hirsi Ali in der westlichen Gesellschaft, als Störenfried, als Nestbeschmutzerin, als Rebellin angesehen wird, womit ihre eigene These vom "Recht auf Rückständigkeit" bestätigt wird. Man könnte sie sogar als "Pflicht auf Rückständigkeit" bezeichnen.
anne.c - 12. Dez, 21:32
- so heißt eine Broschüre, die die evangelischen Kirchen Deutschlands (EKD) als Orientierungshilfe, insbesondere für ihre Mitglieder, im Umgang mit Israel herausgegeben haben. Nun, aus vielen schmerzlichen Erfahrungen (über die ich hier immer einmal berichte), bin ich misstrauisch, wenn sich die evangelische Kirche mit Israel beschäftigt, und so beschäftigte auch ich mich - mit dieser Broschüre. Sie ist, wie vieles in der Kirche, unscharf verfasst, d. h. auf eine persönliche Interpretation angewiesen, und deshalb möchte ich meine Interpretation aufschreiben.
Der Titel des Büchleins "Gelobtes Land?" löst schon einmal eigentümliche Empfindungen aus. Das Fragezeichen, wie immer es gemeint sein mag, assoziiert, dass mit dem "gelobten" etwas nicht stimmen wird. Da jeder Leser, wer immer es sein mag, durch die Medien schon oft erfahren hat, dass mit dem "gelobten Land" etwas nicht stimme, geht er schon vor dem Lesen davon aus, dass eine Negativberichterstattung über Israel folgen wird.
Ich kann mir vorstellen, dass man in der evangelischen Kirche festgestellt hat: Die Ansichten unserer Mitglieder über Israel sind derart bösartig und gehässig. Da müssen wir etwas tun. Wenn ich die in den letzten Jahren gelesenen Artikel und Leserbriefe z. B. in der Publikation "zeitzeichen" oder in verschiedenen Kirchenzeitungen vor Augen habe, könnte ich zu diesem Schluss kommen. Apropos "könnte"! - der Konjunktiv durchzieht das gesamte Büchlein. Es wird in dem Heft so vieles vage in den Raum gestellt, dass das Buch weniger eine Orientierungs als viel mehr eine Vernebelungshilfe sein könnte. Jedenfalls mag die EKD zu dem Schluss gekommen sein, dass Aufklärung Not tut. Immerhin distanziert sie sich ganz entschieden von den Protokollen der Weisen von Zion, die in der muslimischen Welt ein Standardwerk sind - und ich stellte mir vor, dass der Zeitpunkt, wo dieses Standardwerk auch schon in kirchlichen Kreisen Interesse fand, die EKD für angemessen hielt zu beschließen: Wir müssen reagieren!
Mir scheint, dass diese Publikation nach dem Motto des geschätzten Kommunikationswissenschaftlers Paul Watzlawick verfasst wurde : Um zu heilen gibt es "Mehr desselben!"
Unmittelbar nach der Distanzierung von den "Protokollen" steht der Satz: "Der Zionismus habe beispielloses Elend über das palästinensische Volk gebracht". Selbstverständlich im Konjunktiv, selbstverständlich einer anonymen Debatte zugeordnet.
Zitat: In der politischen Debatte wird vielfach unterstellt, dass dem
jüdischen Nationalismus eine religiöse Ideologie zugrunde
liege. Sein Ziel heiße »Großisrael«. Der Zionismus habe beispielloses
Elend über das palästinensische Volk gebracht. Das
Beharren des Staates Israel darauf, ein »jüdischer Staat« zu
sein, widerspreche den Prinzipien eines Nationalstaates und
zeige, dass der Staat Israel auf Diskriminierung gegründet sei.
Da sich Israel tatsächlich als jüdischen Staat sieht, muss davon ausgegangen werden, dass die Leser zu der Meinung kommen sollen, dass Israel tatsächlich auf Diskriminierung gegründet ist (mit oder ohne Konjunktiv).
Sehr viele Aussagen sind undeutlich in den Raum gestellt, sehr viele Tatsachen sind nicht recherchiert oder falsch dargestellt. Immer zu Ungunsten Israels. Sei es dass den Einwohnern arabischer Staaten der Besuch ihrer heiligen Stätten in Jerusalem von Israel angeblich verwehrt werde: In Wirklichkeit ist er ihnen von Seiten Israels erlaubt und es sind ihre eigenen Regimes, die sie bedrohen, wenn sie nach Israel reisen. Seien es die israelischen Araber, die nicht in der israelischen Armee dienen dürften und deshalb erschwerten Zugang zu Bildung hätten. In Wirklichkeit müssen sie nicht, aber dürfen durchaus zur Armee gehen. Erstere Tatsache gestattet ihnen schon eine zwei oder drei Jahre früheren Zugang in die höheren Bildungsstätten, deren Zugang ihnen keinesfalls verwehrt ist.
Immer wieder wird darüber nachgedacht, ob Gottes Verheißungen an sein Volk in der Bibel spirituell, als ein Hoffnungsbild oder als konkrete Landverheißung gedacht sind. Es wird herausgestellt, dass Christen der Meinung seien, dass Gottes Anwesenheit nicht an einen Ort gebunden sei, sondern, dass Gott da ist, wo Gerechtigkeit und Friede herrsche. Im Gegensatz dazu das jüdische Volk, das seine Sehnsucht auch in der Diaspora immer auf das "Heilige Land" und den konkreten Ort Jerusalem richtete. Diese Aussagen werden, wie fast alles in diesem Text einfach so in den Raum gestellt. Der Leser kann sich selbst ein Bild machen, welcher Aussage er den Vorzug geben will und welche er glauben will. Das gilt auch für viele Behauptungen muslimischer Geistlicher, deren Meinung, das verheißene Land wäre einfach ein Sinnbild für arme, landlose Menschen eine der vielen Meinungsäußerungen ist. Lediglich die "Protokolle" werden eindeutig als Fälschung benannt samt einer Distanzierung von ihnen.
Sopnst sind viele Meinungen von Theologen zu lesen, von deutschen Theologen und von arabisch-christlichen Theologen, und zwar nach dem Motto: "Der eine sagt dies, und der andere sagt das". Eine Meinung soll sich der Leser selbst bilden. Wie zufällig folgen jeder "neutral-palästinensischen" Aussage Sätze wie: Der Konflikt um die Gründung des Staates Israel führte für die im damaligen Mandatsgebiet »Palästina« lebende arabische Bevölkerung
zu einer geschichtlichen Katastrophe.
Zwischendurch wird mantraartig eingeblendet: Aber das Existenzrecht Israels steht nicht infrage! Dann folgen Fakten, auch falsche Fakten, die Israel abwerten. Diese so genannten Tatsachen betreffen die Lage der israelischen Araber: sie werden diskriminiert, haben schlechteren Zugang zur Bildung, müssen Schikanen an Kontrollpunkten ertragen. Die Wirklichkeit ist, dass diese "Schikanen" nicht etwa erfolgen, weil Araber Araber sind, sondern weil es eine ständige Bedrohung Israels von der palästinensischen Seite aus gibt. Sei es durch Attentate, oder sei es durch Raketen. Das ist eine offensichtliche Unwahrheit, die durch Unterschlagung entsteht, und darum halte ich die vielen "Versehen" zu Ungunsten Israels auch für keinen Zufall: Gewalt und Terror von Seiten der Palästinenser werden unterschlagen, was zu der Annahme führt, dass Israel sinnlose Gewalt anwende. In einem Satz ist zu lesen, dass Selbstmordattentäter ihr Martyrium religiös begründen. Daraus kann (könnte) man den Schluss ziehen, dass jene Martyrer etwas ähnliches sind, wie unsere christlichen Märtyrer, also verehrungswürdige Leute.
Das Christentum - sowie auch der Islam - beruht wesentlich auf der jüdischen Religion und ist ohne sie überhaupt nicht denkbar. Allein wenn man diese einfache Tatsache bedenkt, ist es ein beschämendes Büchlein, was da die EKD in Sachen Israel herausgebrachte.
anne.c - 29. Nov, 23:42