las ich in letzter Zeit - geschrieben von Menschen, die in Israel weilten, als die Spannungen zwischen Israel und Gaza eskalierten.
Eine kirchliche Reisegruppe, die gerade in diesen Tagen auf Pilgerreise in Israel war, schilderte ihre Eindrücke in einem Zeitungsartikel. Beim Lesen der Überschrift des Berichtes: "Auge um Auge, Zahn um Zahn?" fiel mir eine Predigt ein, die ich vor einiger Zeit hörte, und in der es hieß: "Die Palästinenser würden sich freuen, wenn Israel nur nach diesem Prinzip handeln würde. Aber Israel vergilt den Palästinensern um ein Vielfaches." Möglicherweise ist das Fragezeichen am Schluss des Zitats in diesem Sinne gemeint. Denn von "Hunderten" von Toten war in dem Bericht die Rede, eine übertriebene Zahl. Wörtlich: "Dieses Hin- und Hergeschieße, und dann wieder Waffenstillstand zu schließen, aber Hunderte Tote zu beklagen, darunter Frauen und Kinder und sogar Babies.
Als Auslöser des Krieges wird die "Erschießung" (gemeint ist gezielter Raketenangriff) eines Hamasführers angegeben, also eine Falschinformation, denn der ständig steigende Raketenbeschuss der Städte in Südisrael durch die Hamas war der Auslöser für die Liquidierung des Hamasführers.
Ansonsten gab es wenig Konkretes zu erzählen. Lediglich einen Knall hörte die Gruppe, schon zum Abflug auf dem Flughafen bereit. Dafür wurden umso eifriger die Meinungen der arabischen Reiseführer weiter gegeben. Die Tatsache, dass Raketen der Hamas das erste mal Tel Aviv und Jerusalem erreicht hatten, ließen diese muslimischen und christlichen Palästinenser aus Bethlehem nicht etwa die Gefahr erkennen, in der auch sie schweben, sondern sie äußerten sich triumphierend: "Jetzt müssen die Israeli zum ersten Mal auch Angst haben!". Ob die gut eine Million Bewohner im Süden Israels als Menschen Israels einfach nicht wahrgenommen werden oder ob der Berichterstatter noch nie gehört hat, dass dort in Jahren seit der Übergabe von Gaza an die Palästinenser mehr als Zehntausend Raketen niedergegangen sind und die Bewohner der Orte Südisraels in Angst und Schrecken versetzt haben, war nicht zu erkennen. Eine Araberin sagte: "Die sind alle verrückt. Auch Israel. Die Deutschen trauen sich nicht, das zu sagen. Aber ich sage das". Dieses Stereotyp von den Deutschen, die sich nicht trauen, ist inzwischen so überholt und ausgeleiert, aber das mag noch nicht nach Bethlehem vorgedrungen sein.
Als Gegenbeispiel zitiere ich aus dem Brief einer 19-jährigen deutschen Frau, die gerade in einem Kibbuz arbeitet:
"Wir bekommen in unserem Kibbuz sogar Flüchtlinge aus dem Süden. Die Gästehäuser sind alle für die Familien aus dem Süden leer geräumt. Einige der Jugendlichen aus dem Süden mit denen ich mich unterhalten habe, haben ungefähr 20-mal im Bunker gesessen. Es ist so, dass Raketen aus Gaza öfters auf israelische Gebiete geschossen wurden, schon bevor die israelische Armee den Hamaz Führer Ahmed al-Dschabari getötet hat. Am Tag danach wurden mehrere hundert Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert. Es kam dann im drei Minuten Takt im Radio "zeva adom" (danach bleiben 15 Sekunden bis zum Einschlag der Rakete), und es gibt weitere Orte, in denen die Menschen im Süden Israels in die Bunker flüchten mussten. Die Raketen sind zwar sehr treffunsicher, aber trotzdem ist das kein angenehmer Weg zu leben.
Nachdem Raketen auch in Tel Aviv und in Jerusalem explodiert sind, haben sich auch einige der Israelis Gedanken gemacht und als dann so viele Reservisten eingezogen wurden, waren darunter auch einige junge Männer aus diesem Kibbuz. Ich habe das nur mitbekommen von dem Sohn einer älteren Frau, die im Zoo arbeitet und dem Freund meiner Kollegin die den ganzen Tag feuchte Augen hatte.
Hass auf Araber wird hier nur scherzhaft erwähnt. Im Kibbuz selber gibt es ja auch viele Araber. Die Hamas kann hier keiner leiden - aber wer kann das schon? Ich denke die meisten Menschen hier im Kibbuz wünschen sich einfach eine friedliche Lösung der Probleme, soweit es irgendwie möglich ist.“
Der letzte Satz deckt sich dann mit dem letzten Satz des Berichtes der Reisegruppe, die auch die Sehnsucht nach Frieden in dieser Gegend herausstellt.
anne.c - 25. Nov, 22:14
Weiterhin verfolge ich Nachrichten und Kommentare über Israel/Gaza. Abends kam ein Bericht im DLF, der nach einem gewohnten Schema aufgebaut war: Es kamen Palästinenser zu Wort, die erzählten, wie es in Gaza zugeht. Die Bewohner von Gaza, druften jeden Unsinn erzählen, der Reporter war also für ihre authentisch anmutenden Aussagen nicht verantwortlich und trotzdem konnte die Meinung der Zuhörer manipuliert werden. Sie berichteten, dass israelische Luftwaffe wahllos nach Zivilisten schießt und sie bombardiert, dass Israelis Babies und kleine Kinder umbringen usw. Aus den offiziellen israelischen Berichten weiß man, dass Israel alles Mögliche tut, damit es so wenig zivile Opfer wie möglich gibt. Dass die Hamas aber ihre eigenen Lager und Abschussrampen zwischen Kindereinrichtungen und Krankenhäuser versteckt, damit Israel entweder diese Stellen meidet oder aber dass es wenn es die Lager und Rampen vernichtet, auch möglichst zivile Opfer, am liebsten Kinder gibt, die dann der Welt als israelische Opfer präsentiert werden - davon wird wenig gesagt.
Ich zitiere einige Sätze aus dem Blog von "Lila" aus Israel:
"Es ist seit Jahren bekannt, dass Israel eine so genannte “Ziel-Bank” hat, eine Liste relevanter Ziele, und die wird jetzt abgearbeitet. Immer im Bemühen, Unschuldige nicht zu verletzen, aber leider ist es praktisch unvermeidlich, dass Unbeteiligte zu Schaden kommen, wenn Raketendepots in Schulen und Moscheen angelegt werden, und Raketen in Schulhöfen abgeschossen werden. Es ist ein Irrsinn, wie die Hamas sich hinter der Zivilbevölkerung verschanzt, und darüber hinaus ein deutliches Symptom dafür, dass die Hamas sehr wohl einzuschätzen weiß, wie sehr Israel zivile Opfer scheut".
Falls jemand sagt: Hier steht Aussage gegen Aussage. Oder: Beide Seiten sind gleich schlimm. Dann soll er im Internet nach Videos schauen, wie palästinensische Soldaten sich dick vermummt und mit erhobener Knarre präsentieren. Man wird keine israelischen Kindergartenkinder finden, die in Soldatenkluft und ebenfalls mit Knarre in der Hand fotografiert sind. Ganz zu schweigen von den blutrünstigen und schlimmen Karikaturen von Juden in der arabischen Presse, die es umgekehrt nicht gibt. Vermummte kreischende hasserfüllte Frauen wie viele Palästinenserinnen wird man in Israel auch nicht finden.
Heute Morgen waren wieder originale palästinensische Töne im Radio zu hören. Der DLF-Reporter fragte nie nach, konfrontierte den guten Palästinenser nie mit für ihn unangenehmen Fakten. Der Palästinenser hatte volle Freiheit, alles Beliebige zu erzählen. Selbst als heute im ZDF eine Aufklärungssendung kam, in der Fakten präsentiert wurden, und man manches nicht verschweigen konnte, was gegen eine Verteufelung Israels spricht, ging man lediglich so weit, den Eindruck entstehen zu lassen: Beide sind gleicherweise Schuld.
Was ich am wenigsten verstehen kann: Die Hamas präsentiert sich doch wie sie ist - als ein säbelrasselndes, martialisches Regime, als barbarisch und brutal. Also genau als das, was die deutschen zartfühlenden Intellektuellen gar nicht mögen. Und trotzdem steht die Sympathie, das Mitgefühl des offiziellen deutschen Journalismus auf Seiten der Hamas bzw. der Bevölkerung, die Hamas zu ihren Herrschern gewählt hat. Die Sympathie der deutschen Journalisten steht nicht etwa auf Seiten der Palästinenser, die sich gegen ihr Regime auflehnen. Sie bringen es nicht übers Herz zu berichten, dass es auch anderes zwischen Palästinensern und Israeli als nur blindwütigen Hass gibt. Da die Journalisten von ihrer Weltanschauung normalerweise gar nicht so sehr für Typen wie die Hamas-Repräsentanten zu haben sind, kann ich mir nur vorstellen, dass nicht Bewunderung für Hamas ihre journalistische Triebkraft ist, sondern dass Ablehnung von Israel den Tenor der Berichterstattung bestimmt. Warum diese Einstellung? Das frage ich mich auch und finde darauf keine Antwort.
anne.c - 21. Nov, 00:16
www.runghold.wordpress.com - "An all die Mahner, Kopfschuettler, Abwiegler"
www.tapferimnirgendwo.wordpress.com - "Der ist Schuld am Kriege"
Allen die etwas über die Situtation in Israel erfahren wollen, empfehle ich diese beiden Beiträge zu lesen. Authentischer als "Lila" (deutsche Mutter von drei wehrpflichtigen Kindern in Israel) und überzeugender und treffender als Geert (Theaterleiter in Köln) kann man nicht schreiben. Als ich diese beiden Beiträge gelesen und sie mit unserer medialen Berichterstattung verglichen habe, fan ich meinen vorhergehenden Beitrag noch einmal bestätigt
anne.c - 16. Nov, 10:29
In den 60-ger und 70-ger Jahren kamen die Menschen in Gesprächen noch recht oft auf das Thema Krieg zu sprechen. Damals wurde über die Medien oder durch die Verhaftung von Kriegsverbrechern vielfach offenbar, welche Verbrechen von Deutschen in den besetzten Gebieten und in den Vernichtungslagern geschehen waren. Oft endete so eine Unterhaltung mit den Worten: "Da schämt man sich ein Deutscher zu sein!"
Ich habe diesen Satz nie gesagt. obwohl auch mich das sehr beschäftigt hat. Aber ich hatte in dieser Kriegszeit noch nicht gelebt, und unbewusst war mir klar, dass ich mich nicht für etwas schämen konnte, was vor meinem Leben geschah, bzw. verübt wurde.
Aber für das, was heute geschieht, in der Zeit in der ich lebe, fühle ich mich verantwortlich und habe eine Position. Jetzt schäme ich mich Tag für Tag für das, was in deutschen Medien steht und wie verlogen sie berichten. Über die Situation in Israel. Das ist bewusste Verdrehung der Wahrheit, die durch nichts zu rechtfertigen ist. Was lese ich, was höre ich? Angriff auf Gaza, Attacke auf den Gazastreifen, Israel bombardiert den Gazastreifen, Israel übt Vergeltung, ägyptischer Solidaritätsbesuch in Gaza. Dass von Gaza seit Jahren - und in den letzten Wochen verstärkt - immer wieder Raketen auf israelisches Gebiet geschossen wurden, dass die Menschen dort in einem Dauerzustand von Angst und Schrecken sind - das gibt es in den Medien einfach nicht. Dass die Hamas in Gaza ihre Waffen und Munitionslager in unmittelbarer Nähe von Zivilisten, auch Kindern, deponieren, dass sie Menschen als Schutzschirme missbrauchen, das bedeutet nichts, wozu sollte man darüber schreiben?
Heute Abend hörte ich einen Kommentar von Torsten Teichmann: Wozu greift Israel den Gazastreifen an? Das nützt doch sowieso nichts. Alles, was Israel gegen Gaza unternommen hat, hat die Lage in Südisrael nicht verbessert usw. Warum spricht er nicht darüber, was in Gaza unternommen wird, um die Lage zu verändern? Vielleicht ist er der Meinung, es "nützt" etwas, wenn Gaza die Bewohner von Südisrael terrorisiert, also ist es nicht der Erwähnung wert. Er hat sich damit entweder auf die Seite der Hamas gestellt oder er sieht nur Israel als die zum Handeln fähige Seite an und die Hamas nicht der Erwähnung wert.
Ohne Übertreibung kann man die Weise wie deutsche (und auch andere) Medien mit dem Konflikt umgehen als schlimm und übel, ja als Hetze bezeichnen. Warum machen sie das? Darauf findet man wahrscheinlich keine Antwort, so wie man nie eine Antwort darauf findet, wenn man sich die Frage nach irrationalem Verhalten stellt. Dass man mit Medienvertretern jener Art die Nationalität gemeinsam hat, kann einen schon zu der Folgerung bringen: "Da schämt man sich, eine Deutsche zu sein!"
anne.c - 15. Nov, 21:07
Buchrezension, Teil I
1. Wer ist Hirsi Ali
Hirsi Ali ist eine Somalierin (Jahrgang 1969), die aus einer in ihrem Land oppositionellen aber wohlhabenden Familie stammt, und die nach einer Zwangsverheiratung in die Niederlande geflüchtet war. Hier erkannte sie den Wert eines freien Lebens. Sie integrierte sich schnell in den Niederlanden. Sie verdiente ihr Geld durch Dolmetschen, und in dieser Funktion kam sie sehr viel mit geflohenen und emigrierten Frauen zusammen. Sie erkannte die Diskrepanzen und Nöte im Leben der muslimischen Frauen, die ja auch ihre eigenen gewesen waren und dachte darüber nach. Sie war so aktiv, dass sie sogar ins niederländische Parlament gewählt wurde. Nach der Ermordung ihres Mitkämpfers Theo van Gogh war auch sie am Leben bedroht. Als holländische Bürgerin und Parlamentarierin bekam sie schließlich mit der holländischen Gesellschaft ebenso Probleme wie sie sie als Somalierin mit der afrikanisch-muslimischen Gesellschaft hatte. Sie wurde als Störenfried angesehen, sie saß sozusagen zwischen den Stühlen. Nach Streitigkeiten emigrierte sie in die USA, und seitdem ist es bei uns ruhig um sie geworden.
Ich selbst hatte viel verschiedenartiges über sie gehört und konnte mir kein Bild machen. Darum kaufte ich mir ihr Buch: "Ich klage an". Darin erkennt und beweist sie, dass die untergeordnete Stellung der Frau und die gewalttätige Ideologie der Männergesellschaft im Islam die Hauptursachen dafür sind, dass die schlimmen Auswüchse existieren. Sie behauptet, dass der Islam, dem sie sich weiter zugehörig fühlt, in seiner Entwicklung stecken geblieben ist. Von Seiten des Islams wird eine Auseinandersetzung mit anderen Gesellschaften strikt abgelehnt. Hirsi Ali gehört zu den wenigen Menschen aus der islamischen Gesellschaft, die der Auffassung sind, der Islam müsse sich entwickeln, und sich mit seinen eigenen Grundlagen kritisch auseinander setzen.
Durch ihr impulsives Auftreten hat sie sich Feinde in den eigenen Reihen gemacht. In ihrer Umgebung, also auch im Parlament, gab es viele Menschen, die der Meinung waren, die Muslime in der Gesellschaft sollen leben, wie sie wollen, Hauptsache es dringt nichts nach Außen. Zwangsverheiratungen und Genitalverstümmelungen - gegen beides setzte Hirsi Ali sich vehement ein - spielen in ihrem gesellschaftlichen Kampf eine große Rolle, denn beides hatte sie selbst erfahren.
Aus ihrem Buch versuchte ich heraus zu finden, warum Hirsi Ali eine zwiespältige Rolle in den Niederlanden gespielt hat. Sie scheint eine hoch intelligente aber etwas chaotische Person zu sein. Ihr Buch ist nicht "aus einem Guss". In die Abhandlungen über den Islam, sind Szenen aus ihrem eigenen Leben eingeflochten. Sie gibt aber auch Tipps für Musliminnen, die aus ihrem zu Hause flüchten wollen, sie legt die 10 christlichen Gebote ironisch in Bezug auf den moslemischen Glauben aus, vermischt alles mit Aspekten aus der holländischen Gesellschaft und mit eigenen Erlebnissen - meiner Meinung nach ein wenig konfus. Dazu kommen Schilderungen des Lebens muslimischer Frauen, die sie in ihrer Dolmetscherpraxis kennen lernte und zum Schluss noch ein Teil des Theaterstücks Submission, weswegen Theo van Gogh umgebracht wurde.
Alles enthält interessante Aspekte. Es zeigt, dass HA wohl einen sehr scharfen Verstand verbunden mit einer leicht chaotischen Lebenseinstellung hat. Sie sagt genau das Richtige, kann es aber nicht systematisch zusammenfassen. Diese etwas ungeordnete Lebenshaltung mag dazu führen, dass sie angreifbar ist. Sie wird in ihrem Kampf manchmal zu impulsiv gewesen sein, und so ihren Angreifern eine breite Fläche hingehalten haben.
anne.c - 8. Nov, 15:10
Die Verlogenheit auf bestimmten Gebieten überzieht die Gesellschaft wie ein feines trübes Netz. Ich weiß nicht, wohin das zielen soll, ob ein bewusster gesellschaftlicher Wille dahinter steckt. Es gibt einige Standartlügen, die man ohne zu überlegen weiter gibt.
Vor einigen Jahren lief im Fernsehen ein zweiteiliger Film „Die Flucht“ und ich finde es nicht verwerflich, ein solches Thema filmisch aufzuarbeiten. Der Film war wahrscheinlich vergelich baren breit angelegten Mehrteilern ähnlich. Bedenklich war das „Begleitprogramm“, mit dem z. B. im Kulturjournal von ARD dafür geworben wurde: der Film zeige mit dem Thema Flucht etwas noch nie da Gewesenes, etwas, was man sich noch nie zu zeigen traute. Und das ist eben Lüge! Wir hatten immer Bücher über Flucht im Bücherregal, ich fand sie sehr spannend. Es gibt sogar gute Literatur dazu aus den 50-ger, den 60-ger Jahren und späteren Zeiten. Das ostpreußische Tagebuch von Lehndorff, die Bücher von Graf Krockow, Christine Brückner und für mich das interessanteste: „Heimatmuseum“ von Siegfried Lenz. Manche sind verfilmt worden. Oder das berühmte Buch von Helmut Gollwitzer über seine Kriegsgefangenschaft in Russland. Und viele mehr, einschließlich der verhetzten Schriften der Heimatvertriebenen. Neulich kam mir gerade ein Heftchen aus den 80-ger Jahren (!) in die Hände. Über den Kreis Trautenau. Da stand all das drin, was man sich angeblich bis heute nicht zu sagen „traute“.
Manchmal schaue ich in einer Buchhandlungen in Bücher über Krieg und Kriegsende. Etliches davon sind Bücher, die von sich behaupten, endlich das thematisieren zu dürfen, was man sich noch vor Kurzem nicht zu sagen traute. In solcherlei Büchern entdeckte ich Zitate aus Büchern aus den 50-ger Jahren. Und siehe da, man hat sich in den 50-ger Jahren nicht nur "getraut", über Krieg und Flucht zu berichten, sondern man hat in einer revisionistischen Sprache geschrieben, die man sich heute tatsächlich nicht mehr anzuwenden traut.
anne.c - 1. Nov, 12:27
Was hat er gesagt im April und mit letzter Tinte? "Die Atommacht Israel gefährdet den sowieso brüchigen Weltfrieden". Er hat nicht von Syrien geschrieben, nicht von der Hamas im Gazastreifen, die Israel mit Raketen überzieht. Nicht davon, dass Syrien die Türkei beschoss, nicht davon, dass Syrien versucht, seinen Bürgerkrieg in den Libanon zu transportieren. Wenn man genau hinschaut, wenn man sich vertrauenswürdige Informationen beschafft, dann kann man sich davon überzeugen, dass Israel keinesfalls ein Aggressor ist, wohl aber andere. Wenn Hamas hunderte, tausende Raketen und Mörsergranaten nach Israel schießt und Israel, das die Pflicht hat, seine Bevölkerung zu schützen, darauf antwortet - oft mit der Liquidierung von Hamas-Verantwortlichen -, dann ist Israel weder Aggressor, noch gefährdet es den Weltfrieden. Vielleicht war Günter Grass einfach nur schlecht informiert und wusste nicht so genau Bescheid. Inzwischen hätte er sich informieren können, und da wäre eine Entschuldigung seinerseits lange fällig. Die Tinte reicht vielleicht noch für ein Gedicht, um Syrien zurecht zu weisen.
anne.c - 24. Okt, 21:23
Warum heißt dieser Blog "Im Luftreich des Traums"? Weil es oft geschieht, dass jemand in seinen Träumen vom idealen Leben schwelgt, aber das was er macht und wie er in der Realität lebt, nicht das Geringste damit zu tun hat. In der sozialistischen DDR war das normaler Alltag: Ein Gelöbnis zum Sozialismus wrude abgegeben und danach ging man ungerührt nach Hause, sah Westfernsehen oder bestach den Handwerker mit Westgeld. Das fand man so normal, dass es sich nicht lohnte, darüber zu sprechen, höchstens in Witzen kam es zum Ausdruck. Und so möchte ich Beispiele bringen, wo der schöne Traum und die Realität sehr auseinander klaffen.
Nun will ich nicht sagen: Heute ist es genauso wie in der DDR. Im Gegenteil, wir leben in einem freien und demokratischen Land, dessen sollten wir uns bewusst sein. Aber eine ideale Welt zu malen, die nichts mit der Realität gemein hat, ist wohl ein Mechanismus, der immer vorkommt. Nur macht man das nicht unter dem Druck eines Parteisekretärs, sondern vielleicht aus einem inneren Bedürfnis, sich selbst in einer idealen Welt wahrzunehmen.
Ich möchte ein banales Beispiel geben. In unser Haus traf wie jede Woche die "Brandenburgische Kirchenzeitung" ein. Wie ich schon einmal schrieb, hat ein Mitglied unseres Haushaltes sie abonniert. Ich blätterte sie neugierig durch und las einen Leserbrief: Wie doch so viele Leute sich dem Geld unterwerfen! Das haben wir erst nach der Wende gelernt. Eines der erste Worte, die man uns beibrachte, sei "Schnäppchen" gewesen, beklagte er bitterlich. Nun steht unter den Leserbriefen immer, dass die Meinung der Leserbriefe nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen muss. In diesem Fall stimmte sie tatsächlich nicht überein, denn gerade in dieser Ausgabe bot die Kirchenzeitung ein Schnäppchen für ihre Leser feil: Eine 8-Tägige Bildungsreise bot man an, auf den Spuren des Apostel Paulus, gut ausgestattet, in die Türkei, normalerweise für 799, - € kostete, jetzt für die treuen Leser für bloße 99 €. Wenn das kein Schnäppchen ist! Es wurde vorgerechnet, was dem Leser alles geschenkt werde vom reichhaltigen Frühstücksbüffet bis zu 7 Übernachtungen in 4 oder 5 Sternehotels. Lediglich für einige Extraausflüge müsse man selbst bezahlen.
Man kann sich verschiedene Gründe vorstellen, warum so eine Reise zum Schnäppchen gemacht wird. Vielleicht als Überbrückung um freie Kapazitäten zu belegen oder um diese Reisen populär zu machen. Ich kann mir aber bei bestem Willen nicht vorstellen, dass so ein Preis eine reale Grundlage hat. Irgendjemand ist in dieser Kette der Dumme und muss zu unmoralischen Preisen seine Dienstleistungen anbieten. Selbst wenn die Institution Kirche höchstpersönlich den Lesern die Reise der Kirchenzeitung sponserte, wäre das ein Betrug an den Kirchensteuerzahlern. Diese Reise ist nicht nur ein Schnäppchen, etwas was der Leser der Kirchenzeitung beklagt, sondern sie hat einen Preis, der höchstwahrscheinlich Unmoral einschließt.
Dieses Schnäppchen möchte ich keinesfalls dem Leserbriefschreiber anlasten, vielleicht beklagt er es ja auch, wenn er die Reklame sieht. In der Kirchenzeitung habe ich aber nicht nur einmal gelesen, dass man nicht dem "Mammon" dienen soll. Das kann so oder so ausgelegt werden, mit dem angebotenen Schnäppchen lässt es sich aber auf keinen Fall in Überinstimmung bringen.
anne.c - 18. Okt, 20:49