„Gefährliche Bürger“ - Ein Abend bei der Friedrich Ebert Stiftung (Teil 1)

Unter dem Titel „Gefährliche Bürger“ fand eine Veranstaltung der Friedrich Ebert Stiftung in einem Städtchen in dieser Gegend statt, zu der ich eine Einladung erhielt. Die Neugierde, ob damit Bürger, die Gefährliches im Schilde führen, gemeint sind oder ob die Bürgerschaft grundsätzlich gefährlich ist, ließ mich die Autofahrt dorthin in Kauf nehmen. Die Journalistin Liane Bednarz, die ihr gleichnamiges Buch vorstellte, wurde von einem Moderator und einer Landtagsabgeordneten der SPD assistiert. Wenn ich schon zu Beginn ein Resümee ziehen sollte, würde ich sagen: Es gibt gefährliche Bürger, die bewirken, dass weitere Bürger zu ge-fährlichen Bürgern werden.

Der Vortrag von Liane Bednarz beschrieb die Entwicklung der „neuen Rechten“ im Land und stellte die maßgeblichen Personen vor. Als Initialzünder für die großflächige Entstehung des „neuen rechten“ Gedankenguts schien sie Thilo Sarrazin zu sehen. Es wurden weitere Perso-nen vorgestellt, und ihre unflätigen und bösartigen Aussprüche und Aktionen: Björn Höcke, Götz Kubischek, Akif Pirinçci und manch anderer. Das Internet habe zur Verbreitung ihres rechten Gedankentums beigetragen. Kennzeichen dieser rechten Bürger sei es, dass sie das Land fundamental verändern wollen, dass ihr Denken vom völkischen Aspekt durchdrungen sei, dass sie alles Fremde als dekadent ablehnen und autoritäre Herrscher bewundern, wie z.B. Putin oder Orban. Diese Gedanken manifestieren sich in der Partei AfD. Deren Erfolg in einigen Teilen der Bevölkerung bewirke, dass sie weitere Wähler anziehen und immer weiter „in die Mitte der Gesellschaft“ hinein greifen. Die Aussprüche der Protagonisten, die sie aufführte, waren drastisch und unangenehm. Trotzdem wären diese Menschen in der Lage, breite Teile der Bevölkerung zu infiltrieren, meinte sie. Die Landtagsabgeordnete gab allerdings zu bedenken, dass die CDU weit nach „links“ gerückt sei und ihren Volkscharakter eingebüßt habe, wodurch die Veranstaltung ein wenig Bodenhaftung erhielt. Frau Bednarz erzählte zum Abschluss noch, dass sie wegen ihres Buches von vielen angefeindet werde, sogar von dem renommierten Journalisten Roland Tichy (gut bekannt aus dem ARD-„Presseclub“).

Der Vortrag dauerte nicht lange. Und sogleich wurde zu einer Fragerunde ermuntert. Die Zu-hörer stellten Fragen, z. B. „ist Björn Hocke ein Doktor oder ein Professor?“, was verneint wurde. Jemand fragte, warum diesen Leuten überhaupt Aufmerksamkeit gewidmet werde, was mit ihrer Gefährlichkeit begründet wurde. Eine Frau sagte, die Bevölkerung sei insgesamt recht verunsichert, und darum solle die Demokratie sich verteidigen und härter gegen die „neue Rechte“ vorgehen. Auch Meinungsbeschränkung wurde gefordert, was aber von anderen, auch der Landtagsabgeordneten, abgelehnt wurde. Diese meinte, dass der Pluralismus in der Demokratie eben mühsam sei und man könne nur mittels „reden, reden, reden“ gegen rechte Gedanken angehen. Sie erzählte, dass Landtagsabgeordnete viel mehr arbeiten, als man gemeinhin annehme und dass sie die Strategie habe, die heutige NPD, die wahrscheinlich einmal von der AfD ausgetauscht werde, einfach zu ertragen.

Ein älterer Herr stand auf, er hatte eine Postkarte in der Hand, die sie – seine Abgeordnete – ihm zu Weihnachten geschickt habe, und er bezichtigte sie dafür der Lüge. Sie war verblüfft und wollte Näheres wissen. Er sei Rentner und auf der Postkarte von ihr stehe, dass er eine kostenlose Gesundheitsversorgung bekomme. Sie solle bitte erklären, wie das damit zu vereinbaren sei, dass er eine Krankenversicherung bezahle und auch sonst so manche Zuzahlung leiste. Die Abgeordnete wirkte etwas verunsichert und versprach die Beantwortung der Frage nach Ende der Veranstaltung.

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