Samstag, 22. Februar 2014

Nachtrag zur Rede von Martin Schulz in der Knesset

Da die Rede von Martin Schulz vor der Knesset, die inzwischen wieder in der Versenkung verschwunden ist, viel Exemplarisches aufweist, möchte ich ihr noch einige Nachworte widmen. Hinter derartigen Äußerungen steckt ein gesellschaftlicher Wille. Vielleicht ist sich derjenige, der die Rede hält, dessen nicht einmal unbedingt bewusst. Doch im Unterbewusstsein weiß er, was er zu sagen hat, denn sonst würden diese Reden nicht so, sondern anders ausfallen.

Hinterher wird oft mit Eifer darüber diskutiert, ob derjenige, der die so genannten Eklats hervorruft, ein "Antisemit" sei. Mir ist es egal, ob jemand Antisemit ist, wenn er den Mund hält. Schlimm ist es, antisemitische Klischees und Stereotypen weiter zu transportieren. Martin Schulz behauptet, Israel entziehe den Palästinensern das Wasser, verweigere ihnen also die elementare Lebensgrundlage. Wie ich schon sagte, ist es nicht weit vom klassischen Stereotyp des Brunnenvergifters entfernt!

Die wütende Reaktion einiger Parlamentarier in Jerusalem hätten ihn „überrascht und betroffen“ gemacht, sagte Schulz danach, denn er habe eine "pro-israelische Rede" gehalten. Man kann nicht eine "pro-israelische" Rede halten, die letztlich besagt: Aber eigentlich seid Ihr unversöhnlich und Brunnenvergifter. Wenn dann der schon gewohnte Eklat ausbricht, dann heißt es: Die Juden sind resistent gegen Kritik und unversöhnlich. Und irgendetwas davon bleibt schon im Bewusstsein der Menschen hängen.

Montag, 17. Februar 2014

Die Rede des Präsidenten des europäischen Parlaments

ist fast schon ein wenig in Vergessenheit geraten, obwohl sie erst vor fünf Tagen, am 12. Februar in Jerusalem vor dem israelischen Parlament, der Kesseth, gehalten wurde. Es gab einige Tage lang in den Medien Aufregung. Dann wurde die Rede schnell wieder ad acta gelegt. Es erinnert mich an ähnliche Vorfälle, die ich selbst erlebte, wenn über Israel gesprochen wurde. Irgendjemand meldete sich lautstark und aggressiv zu Wort, und auf einmal waren alle der Meinung: Es ist doch Zeit nach Hause zu gehen, dazu haben wir jetzt keine Zeit.

Schaut man sich den Text der Rede von Martin Schulz an, so kann man feststellen: Bis er zu den kontroversen Passagen kommt, ist alles einigermaßen politisch korrekt. So wie man oft ähnliche Reden zum Thema Israel vernommen hat, und bei denen man hofft, dass sie im Fall, dass es ernst wird, auch so gemeint sind. Und dann packte den guten Herrn Schulz etwas, man kann gar nicht sagen, was es war. Er konnte die innere Stimme, die zu ihm sprach auf keinen Fall unterdrücken. Es muss einigermaßen spontan gewesen sein, denn die Rede war sorgfältig vorbereitet und durchdacht, und das was Herrn Schulz innerlich so marterte, hatte er erst zwei Tage zuvor erfahren: Die Israeli entziehen den Palästinensern das Wasser. Sie sorgen dafür, dass ihnen die elementaren Lebensgrundlagen entzogen werden. So wie Juden im Mittelalter die Brunnen vergiftet hatten um ihren Mitmenschen das Lebenselixier zu entziehen. Das muss seit dem Mittelalter von Generation zu Generation tradiert worden sein, so dass sich dieses (Unter-)Bewusstsein bei Herrn Schulz eingenistet hat.

Vielleicht hätte Herr Schulz mehr hinschauen als hinhören sollen. Nach eigenem Bekunden hatte er doch auf der palästinensischen Seite den Eindruck gewonnen, dass Mahmud Abbas in den vergangenen Jahren moderne Institutionen aufgebaut hat, die für Ordnung und Sicherheit eines demokratischen Staates sorgen. Vielleicht hätte er sein Augenmerk eher auf die Wasserleitungen und die Wasserwirtschaft der Palästinensergebiete richten sollen und prüfen, ob sie den Ansprüchen einer modernen Gesellschaft gerecht werden.

Montag, 10. Februar 2014

Was gehört sich?

In den Nachrichten vernahm ich eine Meldung, die ich nicht recht verstehen und einordnen konnte. Es war zu hören, dass etwas geschehen war, was hohe moralische Empörung hervorgerufen hat. Angela Merkel habe es für "absolut inakzeptabel" gehalten, und Außenminister Steinmeier habe es sogar als: "Das gehört sich nicht" bezeichnet. Es handelte sich um den Mitschnitt eines Telefonats einer amerikanischen Diplomatin mit ihrem Kollegen in der ukrainischen Botschaft, in dem sie sich in drastischer Weise kritisch über Europa äußerte, und dieser Mitschnitt war ins Internet gestellt worden.

Was mich irritiert, ist die Tatsache, dass Angela Merkel, Außenminister Steinmeier und die gesamte Presse sich nicht etwa darüber aufregten, dass ein Telefongespräch belauscht, aufgenommen und ins Internet gestellt wurde, sondern sie erregten sich über den Inhalt dieses unter amerikanischen Diplomaten intern ausgetauschten Gesprächs. Hatte ich doch in den letzten Monaten gelernt, dass Abhören im Internet etwas sehr Unfeines sei. Die Spionagetätigkeit der NSA, unserer "neugierigen Freunde" wurde als Schnüffeln, Abgreifen, Ausspähen bezeichnet. Nun erwies es sich, dass Spionagetätigkeit der Russen nicht weiter übel genommen wurde. Im Gegenteil. Nicht der russische Geheimdienst wurde zum Entschuldigen aufgefordert, sondern die amerikanische Diplomatin wurde gemaßregelt, und sie entschuldigte sich auch prompt.

Bedenklich an der Angelegenheit ist nicht die Wortwahl der Diplomatin - was jemand in einem vertraulichen Gespräch sagt, ist ganz allein Angelegenheit der beiden Teilnehmer. Bedenklich ist die Beliebigkeit nach der deutsche Politiker die politischen Spielregeln festlegen und die moralische Überheblichkeit mit der sie sie verkünden.

Dienstag, 4. Februar 2014

Der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche Deutschlands

In der "Welt" vom 27.1.2014 wurde über die Vorstellung des EKD-Papiers zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan durch den EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider berichtet. Der EKD-Text steht unter der Überschrift "Selig sind die Friedfertigen", während der darüber berichtende Text der Welt die Überschrift "Evangelische Kirche verteufelt gerechten Krieg" trägt. Ratsvorsitzender Schneider bezieht sich in seinem Statement noch einmal auf die Aussagen Margot Käßmanns, die unter dem Slogan "Nichts ist gut in Afghanistan" bekannt geworden sind, und er rechtfertigt und differenziert sie. In diesem Zusammenhang fällt die Aussage Nikolaus Schneiders:

"Deutschland hat durch seine Erfahrung mit dem Hitler-Regime und den Verbrechen der Wehrmacht eine besondere Sensibilität im Umgang mit militärischen Einsätzen - anders als etwa Frankreich, England oder die USA."

Wenn ich in der Lage wäre, im intellektuellen Slang zu sprechen, würde ich sagen: "Diese Aussage hat mich zutiefst verstört".

Man sollte jedes Wort dieses Votums lesen und es von allen Seiten und den entsprechenden Zusammenhängen bedenken. Dieser biedere, eher zurückhaltend und integer wirkende, fröhliche und nachdenkliche Mensch kann sich so äußern! Herrn Schneider möchte ich seine Eigenschaften, die ich ihm seiner Erscheinung nach zuordne, nicht streitig machen. Doch genau das ist das "Verstörende", dass von diesen bürgerlich-biederen Menschen plötzlich en passant rabiate Aussagen kommen.

Wer ist denn "Deutschland", wenn nicht das Hitler-Regime, die Wehrmacht und Nikolaus Schneider und wir alle? Ist uns das "Hitler-Regime" aufgezwungen worden von einer finsteren fremden Macht? Gerade in diesem Fall muss man sagen: Hitler wurde demokratisch von der Mehrheit der Bevölkerung gewählt. Qualifiziert uns der Überfall auf friedliche Nachbarstaaten, eine barbarische Kriegsführung, die Ermordung vieler Millionen unschuldiger Menschen, das Aushungern oder Bombardieren von Millionenstädten, das Aufhängen von Deserteuren und so weiter dazu, dass wir nun die moralisch besseren Menschen sind und uns von dieser Position aus über andere Völker erheben dürfen, wie z. B. über die unerfahrenen und offensichtlich moralisch rückständigeren Nationen der Franzosen, Engländer und der USA?

Sie hatten wohl entweder das Pech, angegriffen worden zu sein, also nicht der Gnade teilhaftig wurden, moralisch erhebende Erfahrungen zu machen, oder sie griffen zu spät in den Krieg ein, was laut Präses Schneider besonders verwerflich ist, und darum von jeder Sensibilität im Umgang mit militärischen Einsätzen weit entfernt sind. Vielleicht waren alle Kriege und Völkermorde nach 1945 nur Lehrstücke im Erringen von Sensibilität? Empfiehlt er etwa auch anderen Ländern die Erlangung von Deutschlands Erfahrungen, um besonders sensibel zu werden?

Bemerkenswert bleibt, das sei am Rande abschließend erwähnt, dass der Rastvorsitzende Schneider zu den scheinbar zufällig gewählten Kriegsgegnern nicht die Sowjetunion zählt - wo würde er sie wohl moralisch einordnen?

Mittwoch, 29. Januar 2014

Kriegerdenkmäler in Kirchen (Teil 2)

Fortsetzung vom 24.1.

"Wollen Sie alle diese Männer unter Generalverdacht stellen?" wurde von den Befürwortern der Tafel immer wieder gefragt? Damit war gemeint, man wolle diese aus unserer Region Gefallenen verdächtigen, sie hätten im Krieg Menschen getötet bzw. Verbrechen begangen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit haben sie Menschen getötet, denn wenn sie und diejenigen, die auf allen anderen Kriegertafeln Verewigten nicht am Töten und auch an Verbrechen teilgenommen haben, wer hätte es sonst getan? Dann müsste der gesamte Krieg und alles, was man darüber weiß, zu einer Fiktion erklärt werden. Und wenn die im ersten WK Gefallenen, warum müssten dann nicht auch die im 2. WK Gefallenen in die Kirche? Es sind ja schon klammheimlich in Ostdeutschland in den letzten 20 Jahren viele Gedenktafeln für die Soldaten des zweiten Weltkriegs aufgestellt worden. Auch wenn man öffentlich nicht viel davon hört, denn öffentlich heißt es: "Schwerter zu Pflugscharen".

Wenn ein Name öffentlich auf einer Gedenktafel für den Krieg zu lesen ist, muss er bzw. seine Nachkommen es sich gefallen lassen, dass dieser Name zwangsläufig mit dem Krieg und mit dem was in ihm geschah, auch mit dem weniger ehrenhaften in Verbindung gebracht wird. Die private Trauer ist etwas anderes als die öffentliche Trauer. Privat kann jeder um den Menschen trauern, der ihm nahe war. Die öffentliche Trauer schließt immer das öffentliche Ereignis mit ein. Ich selbst möchte meine nahen Verwandten nicht auf einer Tafel sehen, die für einen Krieg steht, der mit ungeheurer Unmenschlichkeit verbunden war, ob im ersten oder im zweiten Weltkrieg

Wie alle Gegenstände in der Kirche, so haben auch die Kriegertafeln eine besondere Bedeutung und ihre eigene Botschaft. Diese Botschaft muss jeder für sich erschließen. Für mich heißt die Botschaft: man möchte "unsere" Krieger und damit auch "unseren" Krieg mit einem religiösen Heiligenschein der Unantastbarkeit versehen, vermutlich aus guten Gründen.

Freitag, 24. Januar 2014

Kriegerdenkmäler in Kirchen (Teil 1)

In einer Kirchengemeinde gab es kürzlich eine Auseinandersetzung, ob eine Kriegertafel für die Gefallenen des 1. Weltkrieges, die nach dem Umbau der Empore einige Jahre auf dem Boden geschlummert hatte, anlässlich des Gedenkens "100 Jahre: erster Weltkrieg" wieder angebracht werden solle. Die Mehrheit war für die "Restauration" des alten Zustandes, eine kleine Minderheit war dagegen. Da die Auseinandersetzung ziemlich heftig war, vertagte man die Angelegenheit.

Das sind Situationen, wo man beginnt, sich selbst Gedanken zum Thema zu machen. Interessant waren die Positionen, auf denen die jeweiligen Parteien standen. Von der Mehrheit kam immer wieder der Einwand: es waren Opfer, sie wollten nicht in den Krieg und schon gar nicht sterben, und wir müssen der Opfer gedenken!

Dagegen würde ich einwenden: in den ersten Weltkrieg wollten viele Soldaten sogar freiwillig ziehen. Sterben wollen sie sicher nicht, und in mancher Hinsicht waren sie Opfer, aber warum muss man der Opfer in der Kirche gedenken? (Mir ist aufgefallen, dass die Kirche der Meinung zu sein scheint - wahrscheinlich weil sie ihren Erhalt nicht anders rechtfertigen kann -, sie hätte ein Monopol für das Umgehen mit Opfern, mit Leiden und Sterben. Ich hatte einst gehört, sie solle für lebendige Menschen da sein, mögen sie leiden oder auch nicht). Die Soldaten sind - wenn man es schon so betrachten sollte -, für ihr Land gefallen, und da wäre die betreffende Stelle, an die Opfer zu denken, eher die weltliche Gemeinde. Soll man diese Tafel doch im Gemeindeamt anbringen!

(Fortsetzung folgt)

Freitag, 17. Januar 2014

Zum Tod von Ariel Sharon (Teil II)

Fortsetzung vom 14.1.2014

Mit der Feststellung, dass Sharon polarisiert habe, führt Teichmann den Zuhörer auf eine falsche Spur. Polarisiert hat Sharon durchaus, aber innerhalb der israelischen Bevölkerung. Die Beschreibung, dass er "in Israel an vielen Stellen als ein Held verehrt würde, während er bei den Palästinensern verhasst war", lässt die Vorstellung von einem homogenen Israel, das den Kriegshelden verehrt und den Palästinensern, die verständlicherweise diesen Kriegshelden hassen, aufkommen. Dass Sharon beim Deutschlandfunk als nichts anderes als ein Kriegstreiber gesehen wird, geht aus der im Kommentar erstellten Definition hervor, er sei der "Stärkere, der sich rücksichtslos mit militärischer Gewalt durchsetzt".

Das ist eine mehr als grob verzerrende Darstellung, sowohl des Charakters Sharons, als auch des Verlaufs der Kriege in Israel. Dem Zuhörer wird die Vorstellung vermittelt, dass Kriege in Israel durch solch rücksichtslose Kriegstreiber ausgelöst wurden, die noch nichts von der "neuen Politik für eine andere Zeit" wussten und wissen wollten. In Wirklichkeit war der Jom Kippur Krieg jedoch ein reiner Überraschungsangriff der syrischen und ägyptischen Armeen auf Israel, der "stärkeren Armeen, die sich rücksichtslos mit militärischer Gewalt" hatten durchsetzen wollen, also nach "alten Denkmustern" handelten. Dank Sharons Eingreifen, das in der Tat entgegen dem Befehl seiner Vorgesetzten erfolgte, wurde Israel maßgeblich durch Sharon vor der Vernichtung bewahrt, denn den Willen, Israel zu vernichten, haben arabische Führer immer wieder kund getan und tun es bis heute. Wie die syrische Armee heute mit ihren Gegnern umgeht, erleben wir Tag für Tag, und Herr Teichmann nimmt keine Notiz davon - hier merkt man leider wenig von neuen "Denkmustern".

Wenn man es genau betrachtet, diese Charakteristika: "Rücksichtslosigkeit ist ein Teil des Spiels" und "der Stärkere setzt sich mit militärischer Gewalt durch", die angeblich das Wichtigste sind, was über Sharon zu sagen ist, dann waren das genau die Strategien, derer sich die deutsche Armee im zweiten Weltkrieg stets bediente - in welchen Maß, darüber weiß jedermann Bescheid. Mir scheint es, dass die deutsche Medienlandschaft von der der DLF ein repräsentativer Teil ist, ihren Konsumenten immer wieder den Gefallen tut, die eigene Geschichte von der eigenen Schuld rein zu waschen, indem sie die deutsche Eigenschaften aus der Vergangenheit denen zuschiebt, die damals unter den Deutschen am meisten gelitten haben, den Juden, die in ihren Gesamtheit und über die geographischen Grenzen des Landes hinaus, den jüdischen Staat Israel korporativ bilden.

Abschließend soll eine kleine, selbst erlebte Anekdote, bei der es ausgerechnet um Sharon ging, aufschlüsseln, welche Wirkung eine solche Art von Dauerberieselung letztlich an den Tag bringt: Bei einem harmlosen Kaffeetrinken fing ein netter Mensch plötzlich an, furchtbar auf Sharon zu schimpfen, es war noch zu Sharons aktiver politischer Zeit. "Der ist wie Hitler!", war seine Schlussfolgerung. Ich fragte, ob Sharon auch Gaskammern errichtet hat, in denen er Menschen zu Tausenden ermordet. Die prompte Antwort war: "Er würde es gerne, wenn er es nur könnte!" Aha, dachte ich - so funktioniert es also!

Dienstag, 14. Januar 2014

Zum Tod von Ariel Sharon (Teil I)

In den letzten Jahren kam es immer einmal vor, dass mir der Gedanke durch den Kopf schoss: "Lebt Ariel Sharon eigentlich noch?" und weiter: "Das kann ja gar nicht sein, dass er nach den zwei Schlaganfällen immer noch im Koma liegt! Aber wenn er gestorben wäre, hätte man es doch gehört?"

Nun ist er, nachdem er acht Jahre lang im Wachkoma gelegen hat, gestorben. Man könnte sich Gedanken machen, was es bedeutet, wenn ein Mensch im Koma liegt - dass er da ist und auch wieder nicht da ist. Ob sein Geist noch über allem schwebt, ob er das, was seine Familie ihm erzählt, mitbekommt? Ob es von öffentlicher Bedeutung war, dass Sharon am Leben und im Verborgenen anwesend war? Sicher ist, dass erst die Tatsache seines endgültigen Todes öffentliche Aufregung, Bestürzung, Gedenken und Trauer hervor gerufen hat. Schwer kann ich beurteilen, ob die Aufregung in Israel genauso groß war wie in Deutschland. In den Nachrichten und Kommentaren hier wurde diesem Tod viel Aufmerksamkeit gewidmet. Ähnlich große Aufmerksamkeit widmete ich den Nachrichten und Kommentaren selbst, da ja hinter diesen immer verborgene Botschaften heraus zu hören und zu lesen sind.

Der Grundton der Berichterstattung lautete, dass Sharon ein Mann war, der polarisierte, der einen großen Einfluss in und auf Israel hatte, der einer der letzten "Gründerväter" der Nation war. Von seinen "Taten" wurden immer wieder drei erwähnt - seine Passivität während der Massaker von Sabra und Shatila (wobei diese Passivität oft so überhöht geschildert wurde, dass es den Zuhörenden so erschien, als wäre er für diese Massaker verantwortlich), sein "Gang auf den Tempelberg", der - so zumindest der Anschein - die zweite Intifada ausgelöst habe und die Räumung der Siedlungen im Gazastreifen, die auf seine Veranlassung und durch seinen Willen erfolgte. Immer blieb für den Zuhörer eine Diskrepanz zwischen der Sharon zugedachten großen Rolle für die Nation und seinen geschilderten "Taten". Wahrscheinlich liegt das daran, dass seine wirklich großen Taten für sein Volk fast immer unterschlagen wurden, z. B. seine überragende Rolle bei der überraschenden Wende zugunsten Israels im Jom-Kippur-Krieg 1973, die wahrscheinlich die Existenz Israels bewahrte.

Der Kommentar von Torsten Teichmann im DLF am 12.01. in der Abendberichterstattung erscheint mir so aussagekräftig für das Bild, das die Kommentare übermitteln, dass ich ihn kurz schildern möchte:

Teichmann gab zuerst bekannt, dass Sharon polarisierte: In Israel wird er an vielen Stellen als ein Held verehrt, bei den Palästinensern ist er verhasst, weil er als "Vater der Siedlungen" gilt". Seine Entscheidungen waren nicht immer richtig (ohne nähere Angaben). Die Zusammenfassung von Sharons Verhaltensweisen wurde brav aufgeschlüsselt:
1. Der Stärkere setzt sich durch militärische Gewalt durch und 2. Rücksichtslosigkeit ist ein Teil des Spiels.

Weiterhin erwähnte Teichmann Sabra und Shatila, "wofür ihm nie der Prozess gemacht wurde", und den Gang auf den Tempelberg, der Stärke hätte demonstrieren sollen. Die Räumung der Siedlungen von Gaza wären nur eine scheinbare Ausnahme seines Verhaltens, denn die bezweckten nur die Stabilisierung der Macht im Westjordanland.

Das Resümee des Kommentars war: Israel solle seine Denkmuster überprüfen und das Land brauche eine neue Politik für eine andere Zeit.

(Fortsetzung folgt)

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