Sonntag, 20. April 2014

Die Matthäuspassion.

Zu ihrer Aufführung sind wir sehr weit ins Land gefahren. Vor Jahrzehnten hatte ich sie selbst schon einmal mitgesungen. So dass es mir jetzt, in den fast drei Stunden der Aufführung, nicht langweilig wurde. Der Dirigent erschien mir nicht als der über allen Dingen stehende Orchesterleiter, sondern als Teil des Geschehens. Fast könnte man sagen: Er war die Matthäuspassion. Aber auch der Chor und die Interpreten waren das, was sie sangen. Die blutrünstige Menge, die zart und tief empfindende Christenheit. Der Evangelist erschien mir wie ein Einpeitscher. Er stand nicht vor dem Chor, wie es meistens üblich ist. Vielleicht war es den räumlichen Gegebenheiten geschuldet, vielleicht war es ein regieartiger Einfall. Er sang aus der Mitte, aus dem Chor und Orchester heraus. Hart und böse kommentierte und erzählte er. Insgesamt war es eine hoch musikalische und zugleich ausdrucksvolle Aufführung.

Gerade weil der Inhalt so überzeugend dargebracht wurde, kann man sie auch als erschreckend bezeichnen. "Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!" - schrie die Menge, und der Zuhörer weiß, dass es eine jüdische Menge sein soll. Ich habe tatsächlich schon einmal die Aussage gehört, der Holocaust wäre die Erfüllung jener Ansage, jedenfalls könnte man es so interpretieren. Also, die Juden hätten bei der Forderung nach der Kreuzigung Jesu ihre Vernichtung selbst prophezeit und sozusagen billigend in Kauf genommen. Derjenige, der das sagte, war entsetzt über den Holocaust, aber er konnte in dieser "schlüssigen" Feststellung eine Erklärung finden.

Im Luftreich des Traums

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